Ausstellung „Blickwinkel“ ermöglicht „Einblicke“

„So wie die Verrücktheit, in einem höheren Sinn der Anfang aller Weisheit ist, so ist Schizophrenie der Anfang aller Kunst, aller Phantasie.“ Hermann Hesse, „Steppenwolf“

Der gemeinnützige Landesverband NRW der Angehörigen psychisch Kranker e.V. mit Sitz in Münster hat zusammen mit den Angehörigen und deren Betroffenen im November das Projekt „Blickwinkel“ realisiert. Angehörige sowie Betroffene psychisch Kranke wurden eingeladen, Bilder einzuschicken, die sie gemalt haben, um diese in einer Ausstellung zu präsentieren. Die überraschend hohe Anzahl der eingesandten Bilder hat uns überrascht und wir mussten aus der Vielzahl eine Auswahl von rd. 35 Bildern machen, die im Rahmen der Ausstellung zu sehen waren.

Den Organisatoren ging es bei dieser Ausstellung nicht um Kunst als Ergebnis, sondern als Mittel: Künstlerische Prozesse eröffnen den Zugang zu Ressourcen und helfen, neue Kräfte zur Gesundung zu entwickeln bzw. die eigene Gesundheit zu bewahren. Malen setzt schöpferische Energien durch Farben und Formen frei. Gefühle, Gedanken und Stimmungen lassen sich ohne Worte oft unmittellbarer ausdrücken als in einem Gespräch. Mit bildnerischen Mitteln eröffnen sich neue Ausdrucksmöglichkeiten, können z.B. das Kommunikations- und Kontaktverhalten gefördert, das bildhafte Gedächtnis und die visuelle Wahrnehmung trainiert werden. Diese Ansätze nutzt auch das sogenannte therapeutische Malen. Außerdem, so erklärt der Kunst- und Psychotherapeut Georg Franzen: „Künstlerisches Schaffen fördert die Konzentrationsfähigkeit, die emotionalen Kompetenzen und steigert das Selbstwertgefühl der Patienten“. Das Gleiche gilt natürlich sinngemäß auch für die Angehörigen der Erkrankten, die sehr oft unter einem erheblichen seelischen Stress stehen. Im Idealfall entwickelt sich durch die Bilder ein verbaler Austausch über die Gefühle des Angehörigen oder Erkrankten, die sich in den Farben und Formen ausdrücken. „Wenn ich male, bin ich nur im Bild“ so beschreibt die Künstlerin Brigitte Hoffmann sehr schön die besondere Wirkung des Malens.

Mit dieser Ausstellung konnte der Landesverband NRW ApK das kreative Wirken der Künstler wertschätzen und schaffte über die Ausstellung ein Forum, um mit der Öffentlichkeit ins Gespräch zum Thema „ Psychische Erkrankungen“ zu kommen. Ganz bewußt hatte der Landesverband NRW ApK Ausstellungsräume gesucht, die „mitten im Leben“ liegen, um einen Beitrag dazu zu leisten, das Thema „Psychische Erkrankungen“ weiter zu entstigmatisieren. So waren die Bilder ganz zentral im Stadtwerke City Shop in Münsters Innenstadt zu sehen. Die meist farbenprächtigen und sehr ausdrucksstarken Bilder der Teilnehmer ermöglichten einige überraschende Einblicke in die Welt der Künstler. Jeder der Besucher konnte sich selbst Gedanken dazu machen, welche Aussagekraft bzw. welche „Geschichte“ hinter jedem einzelnen Bild steckt und was wohl der Hintergrund für das jeweilige, ganz persönliche künstlerische Wirken gewesen ist und konnte direkt mit dem Künstler sprechen. In vielen Bildern konnte man lesen, wie einem „offenen Buch“.

Die Vorsitzende des Landesverbandes NRW ApK, Frau Wiebke Schubert, bedankte sich im Rahmen der Eröffnung, die in Gegenwart vieler Künstler stattfand, insbesondere für deren Engagement. “Ohne Ihre Kreativität, liebe Künstler und ohne Ihre Courage, uns Ihre Bilder für diese Ausstellung zur Verfügung zu stellen, wäre diese Veranstaltung gar nicht möglich gewesen“ so Wiebke Schubert. Weiterhin galt ihr besonderer Dank der großzügigen Unterstützung durch die Eckhard-Busch-Stiftung Köln. Am Ende der Eröffnung der Ausstellung wurden vier Preise unter den Künstlern verlost, welche bewusst nicht nach „künstlerischem Können“, sondern nach „Glück“ vergeben wurden.

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